Im Auftrag der Menschlichkeit
Mehrere OÖ-Vereine haben vorbildhafte Aktionen für Flüchtlinge initiiert und sich als soziale Anlaufstelle entpuppt. Der Fußball als Motor der Integration tritt momentan eindrucksvoll den Wahrheitsbeweis an.
"Fußball verbindet! Seit Freitag haben wir in Aigen-Schlägl mehr als 20 neue Mitbewohner aus dem Raum Afrika. Kurzerhand haben die Kicker von Aigen-Schlägl die gebrauchten Schuhe und der Verein eine (nicht mehr ganz aktuelle) Dress zur Verfügung gestellt. Es war für jeden was dabei, die Freude war für alle Beteiligten groß und ein erstes gemeinsames Training wurde abgehalten. Fazit: ausschließlich nette, freundliche Jungs und am Fußballplatz mit dem gleichen Ziel vor Augen: das Runde muss ins Eckige! Unsere neuen Ballkünstler sind jederzeit willkommen!" Ende August hatte die Union Aigen/Schlägl diese Nachricht auf ihrer Facebook-Seite gepostet - die nur drei Wochen später von bereits 57.000 Personen gelesen worden war! Was zeigt: Das Thema Flüchtlinge lässt niemanden kalt. Und schon gar nicht den Verein der 1. Klasse Nord, der mit dieser spontanen Aktion perfekt aufzeigte, wie einfach man ein Zeichen der Menschlichkeit setzen kann - und noch mehr: wie einfach man Menschen dank des Fußballs integrieren kann. Denn seit dieser Aktion kicken vier der Flüchtlinge, die aus Somalia, Ghana und Uganda stammen, im offiziellen Mannschaftstraining mit, weitere zehn sind regelmäßig zum Juxkick auf der Fußballanlage der Mühlviertler.
Gemeinsam auf der Tribüne
"Wir haben uns eigentlich nicht gedacht, dass dieser
Facebook-Eintrag mit den Fotos so ein Ausmaß annimmt", gesteht
Florian Sommer von der Union Aigen-Schlägl. Zumal nicht
Aktionismus oder Imagewerbung im Vordergrund gestanden war,
sondern das Zeichen der Hilfsbereitschaft selbst. Das auch bei
anderen Fußballvereinen in Oberösterreich gesetzt wurde. Etwa
bei der Union Vöcklamarkt. Unter dem Motto "refugees welcome"
wurden beim Heimspiel gegen den SC Marchtrenk gemeinsam mit
Partner BTV Wasserflaschen verschenkt - mit der Bitte um eine
kleine Spende, die den in der Gemeinde untergebrachten
Flüchtlingen zu Gute kommt. Der gespendete Betrag wurde vom
OÖ-Ligisten nochmals verdoppelt. "Die UVB steht nicht nur für
Fußball, sondern auch für Gemeinschaft und Integration. Wenn
man ein wenig helfen kann, dann sind wir gerne bereit", so
Vorstandsmitglied Christian Sattlberger. Ins selbe Horn bläst
Blau Weiß Linz. Um den Menschen zu zeigen, dass sie in
Österreich willkommen sind, hat sich der Klub entschlossen,
alle im Zeltlager in der Landeshauptstadt untergebrachten
Menschen Ende Mai zum Heimspiel gegen Lafnitz ins
Donauparkstadion einzuladen, damit sie eine Abwechslung in
ihrem aktuell tristen Alltag haben. 150 Menschen waren zu
diesem Zeitpunkt im Zeltlager untergebracht - 148 folgten der
Einladung des Regionalligisten. Die Fans nahmen die Flüchtlinge
toll auf und es wurde gemeinsam gesungen und gelacht.
Vorreiterrolle von BW Linz
"Wir als Verein tragen eine gesellschaftliche Verantwortung
und wollten mit dieser Aktion ein Zeichen für Menschlichkeit
setzen. Fußball ist völkerverbindend. Wir wollen den Rassismus
aus den Stadien verbannen und der FC Blau Weiß Linz ist bei
diesem Thema inklusive seiner Fans mit Sicherheit ein Vorreiter
in Oberösterreich. Im Übrigen waren wir auch der erste
Fußballverein in Österreich, der Flüchtlinge zu sich eingeladen
hat. Beinahe die ganze Bundesliga, aber auch mehrere
Amateurklubs wie etwa ASKÖ Pregarten, sind dann nachgezogen,
was sehr erfreulich war. Es gibt für solche Aktionen allerdings
nicht nur Befürworter, sondern durchaus kritische Stimmen. Wenn
Menschlichkeit und der Einsatz gegen Rassismus jedoch
verurteilt werden, dann muss man die Botschaft umso kräftiger
nach außen tragen und darf sich davon nicht irritieren lassen.
Darum ist es auch wichtig, dass der ÖFB und der OÖ
Fußballverband seine Vereine mit einer klaren Positionierung in
diesen wichtigen Angelegenheiten unterstützt und fördert", sagt
Christian Wascher von Blau Weiß Linz.
Zahlreiche OÖFV-Maßnahmen
Schon lange bevor nun in den letzten Monaten der gigantische
Flüchtlingszulauf über Europa und Österreich hereingebrochen
ist, hat der OÖ FUSSBALLVERBAND vielfältige Maßnahmen im Rahmen
des Vereinscoachings gesetzt, um das so wichtige Thema
Integration im Bewusstsein der Vereine zu verankern. Neben der
Sensibilisierung durch Information und mediale
Berichterstattung werden seit über einem Jahr für Trainer,
Spieler und Funktionäre kostenlose Workshops zur Erweiterung
der Kompetenzen im Umgang mit kultureller Vielfalt angeboten.
Gemeinsam mit der OÖ Gebietskrankenkasse wurde zudem der
Sprachpass entwickelt. Dabei handelt es sich um ein
siebensprachiges Fußballvokabular, das die Kommunikation
zwischen Trainern und Spielern erleichtert und Lerneffekte
hervorruft. Den Sprachpass erhielten die Vereine ebenso wie
eine Vorlage für mehrsprachige Einladungen für klubinterne
Veranstaltungen. Seit August ist im Zuge der landesweiten
Transparentaktion auf Oberösterreichs Fußballplätzen das Sujet
mit dem Slogan "Viele Wurzeln, ein Stamm" zu sehen. Die vielen
innovativen Ansätze wurde übrigens von den Bundesministern Klug
und Kurz mit dem "Integrationspreis Sport" ausgezeichnet.
Fußball integriert
"Die gesellschaftspolitische Relevanz des Themas Integration
und die ganz spezielle Rolle und Verantwortung des Fußballs in
diesem Bereich als Motor und Schlüssel zum Erfolg ist schon
seit langem bekannt, hat aber durch die aktuellen globalen
Entwicklungen zusätzlich an Bedeutung und Aufmerksamkeit
gewonnen", erklärt Vereinscoaching-Leiter Raphael
Oberndorfinger, "am Fußballplatz schreitet der
Integrationsprozess nachweislich leichter und schneller voran
als in anderen gesellschaftlichen Subsystemen. Gründe für eine
gelungene Annäherung sind die ausgeprägte Gruppendynamik,
gemeinsame Ziele und Erfolgserlebnisse sowie ein hohes Maß an
Toleranz und Respekt. Ein Vorteil ist zudem, dass weltweit die
selben Regeln gelten und diese Sportart eine niedrige
Eintrittsbarriere hat, weil jeder ohne großen finanziellen
Aufwand Fußball spielen kann." Deshalb ist es auch leicht zu
erklären, dass aufgrund des Flüchtlingszustroms im Jahr 2015
signifikant mehr internationale Neuanmeldungen bei
Oberösterreichs Amateurvereinen registriert wurden. Jeder
zehnte Spieler stammt dabei aus Syrien oder Afghanistan.
Flüchtlinge im OÖ-Unterhaus
Von einem Erstliga-Klub aus der syrischen Stadt Al-Hasaka kam
etwa Hidir Kerem Eylaz. Der 26-Jährige flüchtete aufgrund des
Kriegs mit seiner Familie und landete in Linz, wo er bei Donau
seiner Liebe zum Fußball nachgehen kann und vom Verein zudem im
Alltag unterstützt wird. Mittlerweile kann der
Mittelfeldspieler schon zahlreiche Einsätze in der OÖ-Liga
aufweisen. "Integration wird bei uns gelebt - und nicht nur
davon geredet. Darauf können wir stolz sein. Wir haben einen
großen Anteil an Kindern, deren Muttersprache nicht Deutsch
ist. Selbst im Trainerteam sind fünf Nationen vertreten. Zudem
gibt es Kooperationen mit Einrichtungen der Volkshilfe, um
Kindern aus Flüchtlingsfamilien die Möglichkeit zu bieten,
mitzutrainieren und auf andere Gedanken zu kommen", erzählt
Günther Redl von Donau Linz. Aber auch beim ATSV Stein, SV
Spital, USC Attergau, ATSV Steyr, ATSV Timelkam oder in Arbing,
Rainbach und Neuhofen/Krems haben Flüchtlinge im Vereinsumfeld
eine neue Heimat gefunden. Die Liste würde sich beliebig
fortsetzen lassen - und wird in den nächsten Monaten sicher
noch länger werden. Womit die Plattform Fußball eindrucksvoll
den Beweis antritt, dass sie in punkto Menschlichkeit und
sozialer Verantwortung ein Volltreffer ist.